Dienende Führungskraft! Wie kommen wir da hin?

Diener serviert Rosé
(Photo by alevision.co on Unsplash)

Neulich im Meeting. Die Diskussion über Führung. Führungsansätze und -konstrukte. Ich schlage die dienende Führungskraft vor. Das führt zu Irritationen: Was ist DAS denn? Wie soll das denn funktionieren? Das ist doch ein Wiederspruch in sich! 

 

Historische Vorbilder


Das Prinzip ist nicht neu: Schon Friedrich der Große wird zitiert: "Der Herrscher ist der erste Diener des Staates. Er wird gut besoldet, damit er die Würde seines Standes aufrechterhalte. Man fordert aber von ihm, dass er werktätig für das Wohl des Staates arbeite und […] die Hauptgeschäfte mit Sorgfalt leite." Neue Aktualität gewonnen hat dieser Ansatz zusammen mit agilen Arbeitsweisen. Innerhalb des Scrum Teams sind die Aufgaben mit Product Owner (Vision vom Ziel), Scrum Master (Optimierung des Wegs) und Dev-Team (Umsetzung) abgedeckt. Welche Rolle spielen dann noch Führungskräfte?

 

Die Aufgabe von Führungskräften im agilen Kontext


In der agilen "Denke" sind also viele klassische Führungsaufgaben im Team verankert. Wann machen wir unsere Meetings? Was sind die Inhalte für den nächsten Sprint? Wie läuft die Urlaubsvertretung? Wer präsentiert wie beim Kunden? Bei diesen und ähnlichen Fragen wirkt die Führungskraft des Teams allenfalls beratend mit. Was bleiben dann ihre Aufgaben? Ein paar Vorschläge: Strategische Überlegungen, die einen Rahmen für die Arbeit des Scrum-Teams bilden. Personalentwicklung. Ressourcen bereitstellen. Eskalation dann, wenn das Team sie braucht. Konfliktmanagement. Diese Ansätze haben mich zum Gedanken der dienenden Führungskraft (servant leadership) gebracht. Denn: Die Führungskraft macht in diesem Bild nicht mehr den "dicken Zampano", der vorne tanzt und dem seine Mitarbeitenden unter Applaus folgen. Die Führungskraft dient ihrem Team dann, wenn es das braucht. 

 

Das Konzept "dienende Führungskraft"

Nach Dirk van Dierendonck sind dies Hauptmerkmale der dienenden Führung: 

  • Empowerment: Übertragung von Verantwortung, Vertrauen in Fähigkeiten der Geführten
  • Bescheidenheit: Anerkennung für Erfolge werden dem Team zugeschrieben
  • Authentizität: Führungskraft verhält sich integer, kann sich verwundbar zeigen
  • Akzeptanz: Unterschiedliche Perspektiven und Fähigkeiten schätzen, Atmosphäre des Vertrauens prägen
  • Zielklarheit: Anforderungen an die Geführten sind klar
  • Mut: Neue Wege gehen, Ideen Raum geben und so zu neuen Lösungen führen
  • Soziale Verantwortung: Führungskraft trägt die Verantwortung für das "große Ganze", eigene Interessen werden hinter die Bedürfnisse und das Wohlergehen Vieler gestellt

Vom Zampano zur/m Befähiger:in


Meines Erachtens gibt es eine Passung zwischen den neuen Aufgaben agiler Führung und diesem Konzept. Die Führungskraft steht nicht mehr im Mittelpunkt, es führen nicht alle Fäden auf sie zu, sondern sie hat eher die Aufgabe den Überblick zu erhalten, flexibel auf Anforderungen zu reagieren, die ihr gestellt werden. Das macht den Job nicht unbedingt einfacher, trägt aber dem aktuellen Bild von Mitarbeitenden Rechnung. Es werden hohe Anforderungen an Selbstorganisation und (sozialer und fachlicher) Kompetenz an sie gestellt. Da ist es nur schlüssig, eine verlässliche Instanz für ein "Ich weiß nicht mehr weiter" zur Seite zu stellen.  

 

Vertrauen heißt der Schlüssel

Diese Aufgabenverteilung erfordert Vertrauen von beiden Seiten: Von Seiten der Geführten, die sich ihrer Freiräume und ihrer Verantwortung bewusst sind, und von Seiten der Führenden, die ihren Geführten im gesetzten Rahmen freie Hand lassen (müssen). Apropos gesetzter Rahmen: Ein Kernelement ist sicher, diesen gemeinsam festzulegen oder gar auszuhandeln. Wenn das gelingt - Wie schnell, agil, kompetent kann eine Organisation dann sein? 

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